AK: 54% der befragten Arbeitnehmern reicht Lohn oder Gehalt kaum oder gar nicht zum Leben, obwohl mehr als die Hälfte von ihnen Vollzeit arbeitet.


Der Österreichische Arbeitsklima Index zeigt: Die Teuerungen fressen bei vielen Beschäftigten die Ein­kommen auf

300.000 Beschäftigte in Österreich sind trotz Arbeit armutsgefährdet. Die Teuerungen heizen dieses Problem weiter an. Immer mehr Menschen finden mit ihrem Einkommen kein Auslangen mehr. Sie stöhnen unter den explodierenden Preisen fürs Wohnen, Heizen, für Lebensmittel und Sprit.

Viele müssen sich massiv einschränken, um über die Runden zu kommen. Das zeigt die aktuelle Sonderauswertung des Arbeitsklima Index. AK-Präsident Andreas Stangl fordert daher treffsichere, nachhaltige und strukturell wirksame Anti-Teuerungsmaßnahmen und endlich einen fairen Beitrag von Super­reichen.

Armut droht trotz Ar­beit

Die steigenden Preise verunsichern fast alle Menschen, allerdings in sehr unterschiedlichem Maße. Während das reichste Prozent der Bevölkerung rund 50 Prozent des Vermögens besitzt, dieses ständig vermehrt und unversteuert weitervererbt, rutschen immer mehr Menschen in die Armut ab.

Mehr als 1,5 Millionen Menschen, das sind 17 Prozent der Bevölkerung, gelten schon jetzt als armutsgefährdet. 300.000 von ihnen, obwohl sie arbeiten. 45 Prozent der Arbeitnehmer/-innen in Österreich verdienen so wenig, dass sie kaum von ihrem Einkommen leben können. 9 Prozent kommen gar nicht mit ihrem Lohn oder Gehalt aus. 

Frauen besonders be­troffen

Vor allem viele Frauen, die uns in systemrelevanten Berufen durch die Pandemie getragen haben und dafür beklatscht wurden, arbeiten in Teilzeitjobs, von denen man kaum leben kann. In der Gastronomie und im Tourismus sind die vieldiskutierten Probleme bei der Personalsuche hausgemacht: Hier kommen fast 2 Drittel der Beschäftigten kaum oder gar nicht mit ihrem Lohn oder Gehalt über die Runden.

„Der Mythos, dass sich Fleiß und Leistung lohnen, ist damit entzaubert. Es gibt am freien Markt keine Gerechtigkeit für die wahren Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in unserer Gesellschaft“, sagt AK-Präsident Andreas Stangl.

Energie und Lebens­mittel nicht mehr leistbar

Gerade den Beschäftigten mit kleinen oder mittleren Einkommen machen die Teuerungen bei Energie und Lebensmitteln am meisten zu schaffen. Für je 7 von 10 Personen, die mit ihrem Lohn oder Gehalt nicht auskommen, sind Strom, Heizung und Warmwasser zu einer starken finanziellen Belastung geworden. Ähnliches gilt für Lebensmittel, die (berufliche) Mobilität und den Schulbesuch der Kinder.

Um die Grundbedürfnisse, wie Wohnen, Heizen oder Essen, decken zu können und halbwegs über die Runden zu kommen, müssen sich daher immer mehr Menschen einschränken, und zwar nicht nur bei Freizeitaktivitäten, sondern auch beim Energieverbrauch oder bei Lebensmitteln. 

Sparen oder Schulden ma­chen

Dort, wo es sich mit dem laufenden Einkommen nicht mehr ausgeht, sind die Menschen auf Zuwendungen angewiesen. 77 Prozent der Haushalte, die dem untersten Einkommensviertel zuzurechnen sind, sparen bei der Energie, 69 Prozent bei Freizeitaktivitäten und 45 Prozent bei den Lebensmitteln. Die Hälfte greift – wenn überhaupt vorhanden – auf Erspartes zurück, knapp ein Drittel ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen und knapp 20 Prozent sind mit Zahlungen im Rückstand. 

Teuerung trifft Mitte der Gesell­schaft

„Die Zahlen aus dem Arbeitsklima Index bestätigen, was wir seit Monaten beobachten. Die Teuerung stellt immer mehr Menschen vor große finanzielle Herausforderungen, sie frisst sich immer mehr in die Mitte der Gesellschaft durch“, stellt AK-Präsident Andreas Stangl fest. Vieles, was die Regierung bisher gegen die explodierenden Preise getan hat, ist nicht nachhaltig, so Stangl, weil Einmal­zahlungen in kürzester Zeit verpuffen. Es braucht, insbesondere um den völlig aus den Fugen geratenen Energiemarkt zu beruhigen, gezielte Maßnahmen, die strukturell wirken, wie die Trennung von Strom und Gaspreis, einen Preisdeckel auf alle Energieformen und die Abschöpfung von Übergewinnen. AK und ÖGB haben dafür ein Modell erarbeitet. 

Löhne und Gehälter müssen steigen

„Gerechtigkeit braucht es aber auch bei den Löhnen und Gehältern. Die Menschen haben sich Einkommen verdient, von denen sie leben können. Darum kämpfen die Gewerkschaften für entsprechende Lohn- und Gehaltsabschlüsse in allen Branchen“, sagt Andreas Stangl. Und nicht zuletzt müssen auch die Superreichen endlich etwas dazu beitragen, dass Armut in einem der reichsten Länder der Welt mit aller Macht bekämpft wird.

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