✉️ Frühe Erfolgsmeldung wurde eher zum Datenleck!


LINZ. “Luger first” gilt in der Linzer Medienarbeit.

Den Spruch “Der frühe Vogel fängt den Wurm” kennt man ja, doch er trifft anscheinend nicht immer zu. Die Redewendung besagt, dass jemand, der mit einer Sache rechtzeitig beginnt oder früh dran ist, quasi den Zuschlag bekommt. Umgelegt auf die Pressearbeit könnte man sagen, dass die erste E-Mail im Posteingang bei Medien es auf die Titelseite schafft.

Die selbsternannte Innovationshauptstadt – mit eigenem teurem Innovationshauptplatzbüro – UNESCO City of Media Arts und Digitalisierungsmetropole präsentierte am 20.3. bekanntlich sogar eine eigene “KI-Strategie”. Nur mit klassischen E-Mails dürfte man da und dort noch ein paar Probleme haben.

Eine ohnehin viel zu frühe Erfolgsbilanz des “Stream Clubfestival” wurde nun so zum Datenleak und gibt interessante Einblicke in die Kommunikationsstrategie der Landeshauptstadt.

Per Mail vom 13. April 2024 um 23:12:41 MESZ berichtete man unter anderem recht stolz von “10.000 Besucher*innen”. Zu diesem Zeitpunkt waren laut Zeitplan aber 14 Programmpunkte vom Konzert bis zum DJ-Auftritt – alles bei freiem Eintritt ohne Kartenvorverkauf – noch nicht einmal gestartet. Eine finale Besucherzahl erscheint zu diesem Zeitpunkt also wenig glaubwürdig.

Trotz Digitalisierungsoffensive in der Linzer Stadtverwaltung dürfte man für das Versenden von Medieninformationen auf klassische Mailprogramme vertrauen und – vermutlich – die gewünschte Empfängerliste einfach in das Adressfeld kopieren. Das Feld “Kopie” hätte ein Profitool zum Versenden an einen Verteiler eher nicht gewählt. Hinzu kommt: gerade ein Medienverteiler ist für Unternehmen und sicher auch Stadtverwaltungen ein extrem wertvolles Asset in der Kommunikation.

Aufschlussreich ist auch die Reihenfolge der Empfänger. Hier gilt “Luger first”! Der Bürgermeister steht als Erster im Feld, danach eine seiner Mitarbeiterinnen und dann die Austria Presseagentur gefolgt von einem Vizebürgermeister und einer Stadträtin.

Danach folgt ein insgesamt sehr bunter Medienmix an Empfängern. Allerdings stark geprägt von sogenannten Print-Titeln und klassischen Medienhäusern. Man setzt auch auf zahlreiche persönliche Postfächer von Medienmenschen.

Spannendes Detail: Augenscheinlich erging das Mail auch an Nicht-Medienunternehmen. Eine Domainendung führt zu einer Firma, die laut Website unter anderem mit “Urinalsieben” handelt. “Die Urinalsiebe sind passend für alle gängigen Pissoirbecken / Urinale” kann man dort nachlesen.

Die “Positive Bilanz zu gelungenem Clubfestival am 12. & 13. April in der Linzer Innenstadt” lieferte also zahlreiche wirklich interessante Insights!

Tipp: Vielleicht hätte man es ruhiger angehen sollen, treu dem Motto “Morgenstund hat Gold im Mund”. Die Pressemitteilung also in aller Ruhe nach der Veranstaltung und reflektiert am Morgen danach versenden. Dann wären die Besucherzahlen auch glaubwürdiger, weil zumindest alle Programmpunkte vor der Aussendung gestartet worden wären.

Pro-Tipp: Die Kursreihe “Fresh up your Office” im WIFI gilt als “Ihr Update für den Schriftverkehr” und wird mit “Nach dem Seminar fällt es Ihnen leicht, E-Mails und Briefe den heute geltenden Anforderungen entsprechend zu erstellen und zu gestalten.” beworben. Grundvoraussetzung: “Gute Textverarbeitungskenntnisse sind erforderlich.”

Update 12:00 Uhr: Es wurde heute um 10:53:49 MESZ versucht das Email mit dem Betreff “Rückruf: Positive Bilanz STREAM CLUB 2024” zurückzurufen. Die Funktion “Rückruf” ist allerdings keine auf allen Plattformen gängige Methodik. Wir haben nun natürlich umgehend – auch am Sonntag – reagiert und die übermittelten Kontaktdaten Dritter vom Mailserver gelöscht.

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