AK: Fliegen als Belastung für das Klima: Kann man durch CO2-Kompensation die eigenen Klimasünden wieder gut machen?


Fliegen ist eine starke Belastung fürs Klima. Um die dringend notwendigen Pariser Klimaziele einhalten zu können, lautet die Devise „CO2-Sparen“. Da sich der CO2-Ausstoß beim Fliegen nicht vermeiden lässt, gibt es die Möglichkeit zur CO2-Kompensation. Dabei soll an anderer Stelle so viel CO2 eingespart werden, wie bei einer Flugreise verursacht wurde. Der AK-Konsumentenschutz hat die relevantesten Kompensations-Anbieter am österreichischen Markt und zwei Fluglinien verglichen und bewertet.

Im Test überzeugten die Angebote von atmosfair und myclimate, die in der Beurteilung ein „sehr gut“ erhalten haben. Lufthansa/Austrian Airlines erhielten ein „gut“, ClimateAustria und Ryanair nur ein „ausreichend“.

Erneuerbare Energien, Aufforstung und Emissionsreduktionstechnologien
Das Geld, das Konsument:innen für Kompensation zahlen, fließt überwiegend in Klimaschutzprojekte, zum Beispiel in den Bau von Solar-, und Windkraftwerke, die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser (um das Abkochen zu sparen) oder in die Aufforstung von Wäldern. Die meisten dieser Projekte entstehen in so genannten Entwicklungsländern. Darüber hinaus werden bei myclimate und Ryanair auch neue technologische Ansätze finanziert, wie etwa die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre, was technisch noch schwierig und mit hohen Kosten verbunden ist.

Lufthansa/Austrian Airlines bieten die Möglichkeit Entwicklung und Einsatz von nachhaltigen Flugtreibstoffen, die aus nichtfossilen Rohstoffen hergestellt werden, zu fördern. Das ist aber eher eine notwenige Klimaschutzmaßnahme im eigenen Betrieb, als ein zusätzliches Klimaschutzprojekt. Im Vergleich dazu bietet atmosfair für Forschungsförderung eine kompensationsunabhängige Spendeoption.

Klimaprojekte durch hohe Standards zertifiziert
Mitentscheidend für das AK-Testurteil ist auch die Qualität der einzelnen Klimaschutzprojekte. Sie gelten als besonders glaubhaft, wenn die Treibhausgaseinsparungen von einem unabhängigen Institut (z.B. Gold Standard) geprüft und zertifiziert werden. Die Projekte fast aller getesteten Anbieter und Airlines erfüllen dieses Qualitätskriterium. Ryanair hat nur teilweise eine externe Zertifizierung für seine Projekte. Die Projekte zu nachhaltigen Flugtreibstoffen fallen aus dieser Logik heraus, da es hier um Technologieförderung geht. Die Informationslage ist im Vergleich zu zertifizierten Projekten undurchsichtig.

Nur atmosfair betont „vermeiden besser als kompensieren“
Lediglich atmosfair betont, dass die Vermeidung von CO2-Emissionen besser ist als deren Kompensation. Nur unvermeidbare Emissionen sollten demnach auch kompensiert werden. Konsument:innen werden zudem über das Thema Klimaschutz umfangreich informiert. Diese Kommunikation wird mit „sehr gut“ bewertet, alle anderen Anbieter bzw. Airlines erhalten hier lediglich ein „ausreichend“.

Praxistest: zwei „sehr gut“, ein „ausreichend“
Ein Praxistest macht deutlich, dass die verschiedenen Kompensationsangebote zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen für die gleiche Flugstrecke führen. Dabei wurde ermittelt, wie viel kg CO2-Äquivalente laut Anbieter für einen Hin- und Rückflug von Wien nach London entstehen, welcher Preis für die Kompensation zu zahlen ist und wie hoch demnach der Preis für eine Tonne CO2 ist.

Die Menge an CO2-Äquivalente, die auf der Flugstrecke Wien-London-Wien anfallen, unterscheidet sich nach Anbieter: Während myclimate auf 627 kg CO2-Äquivalente kam, waren es bei Ryanair nur 166 kg.
Auch der Preis, den Konsument:innen für die Kompensation dieser Emissionen zahlen sollen, variiert stark. Ryanair verlangt für diesen Flug eine Mindestpauschale von 2 Euro, mit der Option zur freiwilligen Zahlung von 3,98 Euro. Bei Lufthansa/Austrian Airlines werden Kompensationskosten von 53,25 Euro vorgeschlagen. Hier können Konsument:innen optional zwischen 4,08 und 167,33 Euro an Kompensationskosten zahlen, wobei der höchste Preis auf die nachhaltigen Treibstoffe entfällt.
In punkto Transparenz bei der Berechnungsmethode und Kostennachvollziehbarkeit überzeugen atmosfair und myclimate mit „sehr gut“, auch ClimateAustria und Lufthansa/Austrian Airlines erhalten ein „gut“. Aufgrund der intransparenten Berechnungsmethode wird Ryanair hier kritisch bewertet.
Welt retten durch Kompensation?
Mit einem Treibhausgasausstoß von 8,7 Tonnen CO2 pro Kopf liegen die Österreicher:innen weit über dem weltweiten Durchschnitt. Bei freiwilligen Kompensationsangeboten handelt es sich um die Finanzierung von Klimaschutzprojekten. Der Preis der „Kompensation“ kann von den Anbietern gänzlich frei gestaltet werden. Natürlich können damit die entstandenen Treibhausgasemissionen eines Fluges nicht rückgängig gemacht werden. Insofern ist es immer noch nachhaltiger mit der Bahn zu fahren, anstatt einen Flug zu kompensieren. Nichtsdestotrotz macht es Sinn, Klimaschutzprojekte zu unterstützen, die sonst nicht umgesetzt werden könnten. Forschungsförderung für nachhaltige Technologien als Kompensation zu verkaufen wird jedoch kritisch gesehen.

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