📜 Nach der Wahl ist auch der “Hitlerbalkon” wieder im Gespräch
Zufall: Allerlei Reizthemen kommen ausgerechnet nach der Bürgermeisterwahl aufs Tablett.
Nachdem es schon vor der Wahl einen Aufschrei ob der neuerlichen Pläne Wirtshäuser auf Kosten der Steuerzahler zu kaufen gab, will ein unterlegener Mitbewerber nun am Freinberg das nächste Objekt für die Stadt erwerben.
Auch der Grund für die Wahl – der LIVA-Skandal um den Ex-Spö-Bürgermeister Luger – hatte eine kuriose Berichterstattungspause in den Tagen vor dem Urnengang. Denn ausgerechnet erst nach der Stimmabgabe wurde die schon lange feststehende Tagsatzung am Tag 4 nach der Wahl bekannt. Welch Zufall.
Sogar der gescheiterte “Digitale Marktplatz” – ein Prestigeprojekt am Weg zur Innovationsmetropole – wurde still und heimlich dem Abbaustart preisgegeben. Anstatt lobhudelnder Presseaussendung wie zum Start des Projekts gab es nur Schweigen. Die fehlende Kommunikation sicher ein Zufall.
Sogar über die Erhöhung des Essenszuschusses für Mitarbeiter der Stadt Linz wurde erst im Februar Gemeinderat abgestimmt. Die beabsichtigte Änderung gilt aber ab 1.1. und war im Vorjahr aber anscheinend nicht bekannt. Wird aber mit der Preissteigerung argumentiert. Auch ein Zufall.
Und nun der nächste Zufall. Nach der Wahl ist plötzlich wieder der “Hitlerbalkon” im Fokus. Die quasi Absegnung der “Nicht-Nutzung” wurde auch erst nach der Stimmabgabe zum Thema. Alle Bemühungen der Rathausopposition endlich eine ordentliche Lösung umzusetzen versanden derweilen.
Der schmucke und zentralste Balkon des Platzes, von wo aus 1782 Papst Pius VI. einer Menschenmenge seinen Segen erteilte oder auch Redner von SPÖ und KPÖ den 1. Mai feierten, steht noch immer leer.
Am Balkon zeigten sich übrigens – laut Stadtgeschichte – auch schon der Kosmonaut Jurij Gagarin (1962), die burgenländische und niederösterreichische Weinkönigin (1967 und 1968), die Bundesbahnkapelle (1968), eine Faschingsvereinigung (1974) und die Olympiasiegerin Elisabeth Max-Theurer (1980).
Da aber am Abend des 12. März 1938 Adolf Hitler dort eine Rede hielt, gilt seit der Amtsübernahme von Franz Dobusch (SPÖ) im Jahr 1988 eine Art Betretungsverbot für den Balkon.
Über Jahre wurde das Geländer dann zwar noch mit Blumen geschmückt, später kam dann nur mehr ein Weihnachtsbaum als Deko zum Einsatz. Das restliche Jahr steht der Balkon leer. Die jahrelangen Forderungen der Rathausopposition das Thema endlich einer sinnvollen Zukunft zuzuführen, fruchteten nicht.
Derweilen scharen sich aber die wenigen internationalen Touristen und lauschen gespannt der Führer-Geschichten. Denn Hitler kennt man nun mal, und das Thema ist vor allem bei Gästen aus Übersee ein guter Grund in Linz Halt zu machen. Nur reisen die Menschen dann meist rasch weiter, etwa ins Umland, wo die Geschichte an dortigen Schauplätzen früherer Zeiten transparent und spannend aufgearbeitet wird.
Die „Balkon des Friedens“ Idee der Neos ist auch nach über 2 Jahren nicht umgesetzt worden. Selbst wenn das damalige Sujet einen Schriftzug aus einer Art Leuchtschrift vorgesehen hat, die mit dem Denkmalschutz vielleicht nicht kombinierbar wäre.
Der Logik einer “Nicht-Nutzung” folgend müsste man eigentlich auch die Nibelungenbrücke sperren und vor allem auch die Brückenkopfgebäude einer “Nicht-Nutzung” zuführen. Denn diese Monumente gehen ja bekanntlich auch auf Pläne Hitlers zurück.
Den Industriestandort Linz heftet man sich – ungeachtet der Geschichte – aber gerne auf die Werbefahnen.
In manchen Bereichen ist die Vergangenheits-Nutzung also “adäquat”, auch wenn es leicht als Doppelmoral wirkt.
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